Ausbildungsmarkt in Deutschland durch Corona in der Krise
Seit der Wiedervereinigung im letzten Jahrtausend gab es im letzten Jahr die wenigsten abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Das Statistische Bundesamt meldete nur 465.200 neue Azubis. Dies entspricht einem Minus von 9,4 %. Auch in diesem Jahr scheint sich die Situation nicht merklich zu bessern. Zwar ist die Suche nach einem Ausbildungsplatz für zahlreiche Absolventen noch nicht abgeschlossen, doch ein Trend macht sich bereits bemerkbar. Wie die Bundesagentur für Arbeit im März meldete, seien bislang nur 412.600 Verträge geschlossen worden, was einem Minus von 7 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Zur gleichen Zeit gibt es auch weniger Bewerber. Das liege allerdings nicht am fehlenden Willen der künftigen Lehrlinge, sondern vielmehr an der fehlenden Infrastruktur. Aufgrund der Pandemie gehe es zurzeit nicht nur weniger Optionen, Zugang zu potenziellen Ausbildungsstätten zu erhalten, sondern wegen der derzeitigen Restriktionen gebe es auch weniger Termine für persönliche Beratungsgespräche in Schulen, weil dort derzeit nur wenig Präsenzunterricht stattfinden kann. In vielen Berufen ist, anders als im virtuellen Raum wie auf Plattformen wie dem Vulkan Vegas, ist der persönliche Kontakt mit dem künftigen Azubi notwendig.
Besonders betroffen: Tourismus und Gastronomie
Einige Branche sind von den Folgen der Pandemie und den auferlegten Restriktionen besonders betroffen. Dazu gehören das Gastgewerbe, zum Beispiel Hotellerie und Gastronomie, sowie die Tourismusbranche. So wurden dort im vergangenen Jahr keine Praktika angeboten. Diese sind allerdings notwendig, um sich für den geeigneten beruflichen Weg zu entscheiden. Die Schülerinnen und Schüler sind derzeit sehr verunsichert und wissen häufig nicht, welchen beruflichen Weg sie einschlagen sollten. Daher entscheiden sich einige dafür, weiter die Schule zu besuchen. Andere wiederum orientieren sich woanders.
Darüber hinaus sind auch die Betriebe weniger in der Lage, Lehrlinge aufzunehmen. Speziell davon betroffen sind kleinere Unternehmen, die hohe Verluste zu verschmerzen haben und daher Sparmaßnahmen ergreifen müssen. Zwar schienen sich einige Betriebe im Sommer vergangenen Jahres zum Teil wieder zu erholen, doch der folgende Lockdown im Herbst 2020 verschlechterte die Lage erneut. Umsätze brachen ein und die Unternehmen wussten auch nicht, wann sie ihre Tätigkeit wieder aufnehmen könnten.
Es gab kaum Planungssicherheit, weshalb sich einige Betriebe entschieden,keine Ausbildungsplätze anzubieten. Insbesondere waren kleine Unternehmen betroffen. So gab jeder Vierte an, in diesem Jahr keine Azubis aufzunehmen. Etwas besser sieht es in größeren Betrieben mit einer Personaldecke von mehr als 250 aus. Dort verzichten nur 6 % auf eine Ausbildung von Lehrlingen.
Zusammenfassend lassen sich die Gründe für diese Entscheidungen wie folgt aufstellen:
- Die meisten Betriebe, etwa 93 %, geben unsichere Geschäftserwartungen an.
- Für 71 % der Unternehmen ist die derzeitige marode finanzielle Situation der Hauptgrund für diese Entscheidung.
- Rund 33 % geben an, nicht über ausreichende räumliche oder personelle Kapazitäten zu verfügen.
- Weitere 33 % sagen, dass es sich zurzeit schwer gestalte, Azubis zu rekrutieren, da weder Praktika durchgeführt wurden noch Ausbildungsmessen veranstaltet wurden.
- 31 % der Betriebe erklärten, dass sie erwarten, zu wenige qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber auf ihre Stellen zu bekommen.
Jugendliche sind verunsichert
Auch die Schulabgänger sind besorgt. Sie befürchten, dass sich durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt verschlechtert hätten. Je niedriger der Schulabschluss ist, desto größer sind die Befürchtungen. Zudem fühlen sich zahlreiche junge Menschen von der Politik alleingelassen.
Dabei sind Ausbildungen durchaus attraktiv für Schulabgänger. So sollen sich 41 % der Schüler allgemeinbildender Schulen für eine Ausbildung entschieden haben. Jene jungen Menschen, die bereits ihre Ausbildung begonnen haben, gaben zum großen Teil an, ihre Entscheidung nicht bereut zu haben.
Arbeitslos durch Corona?
Schulabgänger des Jahrgangs 2021 sind definitiv im Nachteil im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Sowohl die Bildungsgewerkschaft GEW als auch der Kinderschutzbund befürchten, dass die Jugendlichen in die Arbeitslosigkeit abgleiten könnten, wenn nicht Maßnahmen ergriffen würden.
Besonders stark betroffen seien die ohnehin benachteiligten Schülerinnen und Schüler, deren Leistungen schwächer seien. So fürchten potenzielle Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe die durch den Lockdown entstandenen Bildungslücken, da das Distanzlernen nicht so erfolgreich durchgeführt wurde, wie es von vielen Seiten erhofft wurde.
Das Resultat wäre prekär, denn alle Jugendlichen, die in diesem Sommer keinen Ausbildungsplatz bekommen, können sich frühestens nach einem halben Jahr wieder auf eine freie Stelle bewerben. An dieser Stelle müssten außerbetriebliche Angebote aufgestockt werden.
Schülerinnen und Schüler, die das Abitur gemacht haben, stünden besser da, weil sie meist aus der Mittelschicht kommen und zudem eine bessere Infrastruktur und Ausstattung hätten als jene Jugendlichen aus sozial schwächeren Familien. Dennoch herrsche auch dort Verunsicherung.
June 10, 2021, 4:45 p.m.